Verkehr

Verfasst von Martin Lee

Die Strassen

Wer eine Strassenkarte in den Händen hält, kann unschwer feststellen, dass Marthalen, bedingt durch die zentrale Lage, praktisch sternförmig von Strassen erschlossen wird.

Bis in die Zeit nach dem Ustertag von 1830 schenkte man allgemein den Strassen nur die notwendigste Aufmerksamkeit. Die Obrigkeit bekümmerte sich wenig um die Verkehrswege, deren Bau und Unterhalt den Gemeinden oblag. Die Tragfähigkeit der damaligen Verkehrswege war nur für die Last eines Pferdes oder für eine mittelstarke Karrenfuhr berechnet. Sumpfige Stellen wurden meist nur mit Prügeln belegt, so dass die Klagen der Fuhrleute kein Ende nahm.

Erst die Verfassung von 1831 mit den nachfolgenden Gesetzen überwies dem Staat die Sorge für die wichtigsten Verkehrsstrassen. Bereits 1834 begann der Kanton mit dem Umbau und der Verbesserung der Heerstrasse zwischen Winterthur und Schaffhausen und beendete die Arbeiten um das Jahr 1850. Die gesamten Kosten dieses Strassenstückes beliefen sich für den Kanton Zürich auf 386'442 Franken. Nachdem sich Oerlingen beim Regierungsrat erfolgreich für die Linienführung durch das Dorf eingesetzt hatte, lag Marthalen von nun an, aus heutiger Sicht zum Glück, etwas abseits der grossen Durchgangswege. Die ehemalige Heerstrasse von Andelfingen nach Marthalen, die durch den Bau der neuen Strasse ab 1840/45 zur einfachen Landstrasse absank, wurde in den nächsten Jahren mehrmals verbessert. In dieser Zeit wurden auch die Strassen nach Alten, Ellikon und Benken erheblich ausgebaut, was dem Personen- und Güterverkehr zwischen diesen Dörfern neuen Aufschwung gab.

Ein Jahrhundert später, im Jahre 1958, wurde die entlang der Gemeindegrenze führende Autostrasse N4 Schaffhausen - Winterthur eingeweiht und schloss damit unsere Gemeinde wie die Region an das europäische Schnellstrassennetz an.

Der immer stärker zunehmende Lastwagenverkehr vom und zum Kiesabbaugebiet in Niedermarthalen stellte für die engen Strassen im Dorfkern eine grosse Belastung und für die alten Riegelhäuser eine neue Gefahr dar. Mit tatkräftiger Unterstützung der kantonalen Baudirektion und dem Verständnis der betroffenen Landeigentümer konnte ab 1970 innert kurzer Zeit die Südumfahrung geplant und gebaut werden. Dank dieser Umfahrungsstrasse konnten grössere Schäden an den Riegelhäusern abgewendet werden. Seither wurden entlang der damaligen "Kiesstrasse" zahlreiche Gebäude renoviert, wodurch dieser Strassenzug eine beträchtliche Aufwertung erfuhr.


Die Eisenbahn

Das wichtigste Verkehrsmittel unserer Gegend ist seit 1857 die Eisenbahnverbindung von Winterthur nach Schaffhausen. Die Geschichte der "Rheinfallbahn", wie diese Linie am Anfang genannt wurde, beginnt Ende 1852, als ein Komitee von Schaffhauser Bürgern bei der zürcherischen Regierung das Gesuch um die Konzession einer Eisenbahn von Schaffhausen über Andelfingen nach Winterthur einreichte. Der Grosse Rat (Kantonsrat) erteilte am 7. Januar 1853 die Konzession für diese Strecke, verbunden mit der Auflage, dass die Beförderung der Personen auf der Strecke Winterthur - Schaffhausen und umgekehrt wenigstens zweimal täglich erfolgen solle und die Wagen mit Sitzen und Fenstern versehen sein müssten.

An den mit 4,4 Millionen Franken berechneten Kosten beteiligten sich Kanton und Stadt Schaffhausen mit zwei Millionen, während die Anliegergemeinden und Privatpersonen je nach Interessenlage und Vermögen Aktien zeichneten. Selbst das Kloster Rheinau war dieser modernen Technik nicht verschlossen und zeichnete 100 Aktien zu 500 Franken.

Auf den 1. April 1857 schlossen die Direktionen der Nordostbahn und der Rheinfallbahn einen Fusionsvertrag ab. An diesem Tage erlosch die Rheinfallbahn-Gesellschaft; an ihre Stelle trat die Nordostbahn-Gesellschaft, die mit der Eröffnung der Bahn am 15. April 1857 auch ihren Betrieb übernahm.

Nach fast 140 Jahren Bahnbetrieb und kurze Zeit nach Einführung der S-Bahn im Kanton Zürich verlangen bessere Bahnanschlüsse in Winterthur den Ausbau bzw. die Verlegung der Station Marthalen in das Gebiet Fleudenbüel. Die dadurch mögliche gleichzeitige Ein- und Ausfahrt der Züge bringen dem Bahnkunden die nötigen Minuten Zeitgewinn, um ab Winterthur das ganze Angebot der S-Bahn nutzen zu können.


Das Postauto

Der Postkurs zwischen dem Bahnhof Marthalen und Rheinau wurde am 1. Juli 1869 eröffnet. Ein einspänniger Postwagen mit zwei oder drei Passagierplätzen befuhr von nun an die Strecke zweimal im Tag. Von Beginn an mangelte es nicht an Arbeit, brachte doch die 1867 in der ehemaligen Abtei eröffnete und 1901 in Neu-Rheinau erweiterte "Pflegeanstalt" Arbeitsplätze und natürlich auch Besucher.

Ab 1. Februar 1926 ersetzte ein vierplätziger Renault das Pferdefuhrwerk; das Autozeitalter hielt auch bei der PTT seinen Einzug. Es dauerte jedoch noch bis zum 26. September 1982, bis die Postautokurse von und nach Rheinau fahrplanmässig über das Dorf Marthalen geführt wurden; vorerst allerdings im Sinne eines dreijährigen Versuchsbetriebes.

Heute, nach kurzer Zeit, machen die Marthaler von dieser neuen Möglichkeit rege Gebrauch, so dass diese zusätzliche Haltestelle beim Primarschulhaus bereits nicht mehr wegzudenken ist. Mit der Einführung der S-Bahn sind auch unsere Nachbargemeinden besser an den öffentlichen Verkehr angeschlossen worden. Zwei neue Postautokurse über Trüllikon und Truttikon nach Ossingen sowie ein Kurs über Uhwiesen nach Schaffhausen haben das Angebot ab dem Bahnhof Marthalen beträchtlich erweitert.